Text: Larissa Gassmann, Bild: Britta Gut, Badener Tagblatt, 3. März 2021
Mit Sandra Meyer erhält der traditionsreiche Gasthof zum Roten Löwen eine neue Pächterin. Aus gesundheitlichen Gründen musste ihr Vorgänger sein Engagement aufgeben. Nun will die Rückkehrerin das gestiegene Niveau weiterhin hochhalten.
Sandra Meyer tritt in grosse Fussstapfen. Dazu kommt Corona. Der Zeitpunkt für ihren Start könnte besser sein. Da helfen nur Sprichworte, Meyer verwendet sie gerne. Sie sagt Dinge wie «Den Mutigen gehört die Welt» und «Wer nicht wagt, der nicht gewinnt».
Und die Menschen für sich gewinnen, das will sie mit dem traditionsreichen Gasthof zum Roten Löwen definitiv. Sobald es aufgrund der Coronalockerungen wieder möglich ist, wird die 37-Jährige dort zusammen mit Elian Bussiello als neues Pächter-Duo schalten und walten. Bereits seit Ende 2019 arbeitete Meyer hier als Serviceleiterin, der Gasthof in Oberrohrdorf hat es ihr angetan. Sie schwärmt vom Weinkeller, dem Sitzungszimmer und der grosszügigen Gartenterrasse. «Der ‹Löwen› ist ein Bijou mit Potenzial», sagt sie.
«Unserem guten Ruf wollen wir weiterhin gerecht werden»
Als im Dezember des vergangenen Jahres klar wurde, dass der bisherige Pächter Rolf Müller aus gesundheitlichen Gründen aufhören muss, fiel die Wahl schnell auf Sandra Meyer. Gemeinsam mit Küchenchef Elian Busiello, der zuvor schon als Mitpächter fungierte, übernimmt sie einen Teil des Personals. Die Schweizer Küche mit regionalen Produkten und gewissen Modernisierungen soll die Gäste weiterhin begeistern.
Dass die verschiedenen Parteien nicht bei null anfangen mussten, war für die Investorengruppe der ausschlaggebende Punkt. «Wir wissen, dass beide einen guten Job machen und einsatzfreudig sind. Wir haben nur positive Erfahrungen gemacht», sagt Heinz Wetter.
Die Anforderungen aber sind in letzter Zeit gestiegen. Im Vergleich zu seinem Vorgänger hat Müller den Umsatz in kurzer Zeit mehr als verdoppelt. Das Restaurant lief gut, lockte viele Gäste aus der Region an. «Dieses Niveau wollen wir halten», sagt Wetter. Gleichzeitig soll die gewohnte Qualität bestehen bleiben: «Unserem guten Ruf wollen wir weiterhin gerecht werden und ihn wenn möglich noch weiter ausbauen.»
Dem Lockdown konnte man zumindest etwas abgewinnen
Wie viel der «Löwen» den Menschen bedeutet, ist auch Meyer bewusst. Mittlerweile hat sie das Gastro-Betriebsleiterseminar absolviert, das Wirtepatent selbst besitzt sie seit elf Jahren. Nervös ist sie trotzdem vor ihrem Schritt in die Selbstständigkeit. «Die Weltsituation macht es nicht gerade einfach. Das gilt auch für das Hickhack mit dem Bund», sagt sie. Mitten in einer Pandemie ein derartiges Amt zu übernehmen, sei mit Schwierigkeiten verbunden: «Wir haben uns diesen Entscheid nicht leichtgemacht.»
Investor Wetter konnte dem Lockdown derweil sogar etwas abgewinnen. So wurden die sieben Hotelzimmer während der Schliessung gestrichen. Vieles wurde ausgebessert, das Inventar geordnet. Auch der Wechsel ging so gut über die Bühne. «Von dem her war es eigentlich nicht schlecht», sagt er.
Nun aber hoffen alle auf eine baldige Verbesserung der Lage. Seit Wochen steht das Team in den Startlöchern. Am meisten freue sie sich darauf, einfach wieder aktiv arbeiten zu können, sagt Meyer. Die Gäste und die Mitarbeiter zu sehen, wieder in einer gemütlichen Runde sitzen zu können: «Und nur schon wieder am frühen Morgen aufstehen zu müssen.»
Der Gasthof durchlebte viele Höhen und Tiefen
Mit Meyer soll im «Löwen» vor allem Konstanz einkehren. In den letzten beiden Jahrzehnten gab es einige Wechsel sowie Höhen und Tiefen. Anfang der 2000er-Jahre musste der Gasthof aufgrund des schlechten baulichen Zustands gar geschlossen werden, im November 2005 zündeten drei Jugendliche das Gebäude schliesslich an.
Ursprünglich gehen die Wurzeln des «Löwen» wohl auf die österreichische Zeit (1272–1415) zurück. Aus einer einfachen Bauernwirtschaft wurde mit der Zeit ein beliebter Treffpunkt, der auch Kurgäste aus Baden anzog. Nachdem 2007 eine Investorengruppe ins Spiel gekommen ist, die heute noch aus Bruno Kuhn und Heinz Wetter besteht, erstrahlt der Gasthof zum Roten Löwen nun wieder im alten Glanz.
Meyer ist nicht nur deswegen zuversichtlich, dass ihr Engagement von Dauer sein wird. Solange es die Gesundheit, das Umfeld und die finanzielle Lage zulasse, wolle sie bleiben: «Wir sind schliesslich beide noch jung.» Sie sagt es mutig. Bestimmt. Und diesmal ganz ohne Sprichworte.