wENN bLUMEN von Leben, Leid und Tod Erzählen

Text: Larissa Gassmann, Bild: Fabio Baranzini, Aargauer Zeitung, 6. August 2021

Zehn Tage lang präsentieren Meisterfloristinnen und Meisterfloristen im Schloss Wildegg ihre Kreationen. Inspirieren liessen sich die Blumenkünstler dabei von der Geschichte der Schlossbewohner und ihrem Lebensstil.

Stramm sitzende Masken bedecken die Nasen und Münder der Anwesenden. Und doch ist er deutlich wahrnehmbar. Der zarte Blumenduft, der durch die Gänge des Schlosses Wildegg wabert. Der Leid, Tod, Glück und Überfluss gleichermassen begleitet.

Dass «sag es durch die Blume» keine leere Floskel ist, zeigt sich in den Räumlichkeiten vor Ort. An insgesamt acht Stationen lassen Meisterfloristinnen und Meisterfloristen aus der ganzen Schweiz die Blumen sprechen. Inspirieren liessen sich die Künstler dabei von der Geschichte der Schlossbewohner und ihrem Lebensstil. Mal schreien die floralen Interpretationen beinahe, manchmal sind sie leise, ganz getreu dem Namen «Blumengeflüster», auf den das Projekt getauft wurde.

Meisterflorist Urs Iten setzte in seinem Zimmer auf blaue Blumen.
Meisterflorist Urs Iten setzte in seinem Zimmer auf blaue Blumen.Fabio Baranzini

Blaue Blumen, riesige Koffer und üppig gefüllte Kelche erzählen im Gastzimmer des Schlosses etwa von den langen Reisen der adeligen Gäste. Blau, so atemberaubend blau, dass eine erstaunte Besucherin es kaum glauben mag, dass die Färbung natürlichen Ursprungs ist. Nicht nur deswegen kann sich der dafür verantwortliche Meisterflorist Urs Iten, Mitinhaber von Toscanini in Wettingen und ehemaliger Gast bei «Blumen für die Kunst» im Aargauer Kunsthaus, vor Ort kaum vor Fragen retten.

«Ich staune immer wieder über die Ideen. Da steckt eine immense Arbeit dahinter»

Die Teilnahme am Projekt hat Iten von Anfang an gereizt. «Das Schloss Wildegg eignet sich optimal als Lokalität. Dies nicht zuletzt dank der vielen unterschiedlichen Räume», sagt Iten. Seine Farbwahl habe er aufgrund der einst hier anwesenden «Blaublüter» getroffen, auch der Rittersporn passe gut zur Geschichte des Hauses. Nebst den Blumen, welche nach und nach durch frische ersetzt werden, hat der Florist Accessoires wie die Koffer oder einen Lautsprecher mit Vogelgezwitscher organisiert. Denn: «Wann immer man dieses hört, fühlt man sich wohl.» Nicht fehlen darf dabei ein Covid-Test – damit soll ein Bogen in Richtung Neuzeit geschlagen werden.

Selbst Floristin: Helene Gollob (68).
Selbst Floristin: Helene Gollob (68).Fabio Baranzini

Besonders von Itens Werk beeindruckt zeigt sich die in Stäfa ZH wohnhafte Besucherin Helene Gollob (68), welche ebenfalls über einen kleinen Laden verfügt. Derart viele blaue Blumen treffe man eher selten an. Als Floristin hat es sie besonders gereizt, die Ausstellung zu besuchen. «Ich staune immer wieder über die Ideen. Da steckt eine immense Arbeit dahinter», sagt Gollob.

Besucht gerne «Blumen für die Kunst»: Maria Bossi (70).
Besucht gerne «Blumen für die Kunst»: Maria Bossi (70).Fabio Baranzini

Ebenfalls lobende Worte findet die 70-jährige Lenzburgerin Maria Bossi in der Salis-Stube. Der Wow-Effekt beim Betreten des Raumes sei ein grosser. «Das Filigrane, die feinen Stiefmütterchen und die grüne Farbe der Gefässe, das alles ist fantastisch», sagt Bossi. Gerne besuche sie mit ihrer Kollegin die Ausstellung «Blumen für die Kunst»: «Das haben wir in diesem Jahr nun vermisst.»

Bereits am Morgen bildet sich vor dem Eingang eine erste Schlange

Dass es auch anderen ähnlich ergeht, zeigt sich am Museumseingang, an dem sich bereits am frühen Morgen eine Schlange gebildet hat. Über einen guten Start freut sich so Angela Wettstein, Mitgründerin des Vereins «Flowers to Arts», der das Projekt in Zusammenarbeit mit Museum Aargau auf die Beine gestellt hat. «Bereits im Vorfeld war spürbar, dass das Bedürfnis danach gross ist. Dies gerade nach der langen Zeit, in der keine Ausstellungen möglich waren», so Wettstein.

Angela Wettstein, Mitgründerin des Vereins «Flowers to Arts», ist stolz auf das Projekt.
Angela Wettstein, Mitgründerin des Vereins «Flowers to Arts», ist stolz auf das Projekt.Fabio Baranzini

Es sei toll, habe das Museum den Verein dazu eingeladen, die Räumlichkeiten mit floralen Interpretationen zu bespielen. Anders als im Kunsthaus könne hier zudem ein Lichtdesigner eingesetzt werden. Dies erlaubt es, den Dialog zwischen Raum und Blumen noch einmal zu verstärken. Und: «Die entstandenen Interpretationen haben uns alle überrascht. Die Floristen haben eine hervorragende Arbeit geleistet.»

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