Die Adler bleiben hungrig

Text: Larissa Gassmann, Aargauer Zeitung, 2. Mai 2019

Der erst 2012 gegründete FC Eagles Aarau verblüfft in der 2. Liga interregional immer wieder. Mit scheinbarer Leichtigkeit mischt die Mannschaft eine Liga nach der anderen auf und hat noch lange nicht genug. Das Erfolgsrezept? Zusammenhalt und Verbundenheit zum Verein wird bei den Adlern grossgeschrieben.

Manchmal schreibt der Fussball kuriose Geschichten. Oft führen vermeintliche Kleinigkeiten dazu, dass aus dem Ligakrösus plötzlich die Lachnummer der Liga wird oder dass der Aufsteiger auf einmal ganz vorne mitspielt.

Letzteres trifft in der 2. Liga interregional auf den von Imer Kryeziu trainierten FC Eagles Aarau zu, der in der vergangenen Saison noch in der 2. Liga spielte. Manche mögen es für ein Märchen halten, diesen Durchmarsch der Glücksgöttin Fortuna zuschreiben, für die anderen ist es einfach nur das Resultat jahrelanger Fleissarbeit oder wie Kryeziu sagt: «Der Hauptgrund für unseren Erfolg liegt sicherlich im Zusammenhalt in unserer Mannschaft und in der tiefen Verbundenheit zum Verein. Dazu kommt, dass wir ein unbeschriebenes Blatt sind, wenige Gegner kannten uns und haben uns deswegen oft unterschätzt.»

Aufstieg um Aufstieg

Ein grosser Fehler, der den Eagles zugutekam. Dem 2012 gegründeten Verein gelang gleich in seinem ersten Jahr der Aufstieg in die 4. Liga, für die weiteren Aufstiege in 3. Liga und 2. Liga benötigte er danach nur je eine weitere Saison. Einzig der Wechsel in die momentane Liga hat die seit Sommer 2017 von Kryeziu trainierte Mannschaft drei Jahre gekostet.

Doch soll deswegen nun Schluss sein? Die aktuelle Tabellensituation und die Leistung der Eagles sprechen dagegen. Obwohl Leader Dietikon seit dem 11. Spieltag Sitzfleisch beweist, kamen ihm die Eagles schon gefährlich nahe.

Am 13. Spieltag betrug der Rückstand knappe zwei Punkte, mittlerweile hat er sich durch eine 1:5-Klatsche gegen Dietikon auf sieben Punkte vergrössert. Doch noch sind es acht Spiele, mit Freienbach (4.5.) und Wettingen (8.6.) trifft man nur noch auf zwei Teams aus der momentanen Top 5, dazu kommt, dass der FC Dietikon ein Spiel Vorsprung hat.

Stabilität spricht für die Mannschaft

Doch bei den Eagles verfällt man nicht in Gedankenspielereien, zu stark ist die Konkurrenz. Trainer Kryeziu gibt zu: «Dietikon wie auch Freienbach spielen sehr guten Fussball, beide sind bisher souverän aufgetreten. Letztlich rechne ich damit, dass Dietikon nichts anbrennen lassen und den Aufstieg für sich beanspruchen wird.»

Trotzdem – wer mit scheinbarer Leichtigkeit die verschiedensten Ligen überfliegt, dem traut man einiges zu. Dennoch stellt sich die Frage, wie es möglich ist, dass ein so junger Verein solch einen Durchmarsch stemmen kann und ob er dazu fähig wäre, sich auch in einer professionelleren Liga zu behaupten.

Laut Kryeziu spricht vor allem die Stabilität der Mannschaft für die Eagles: «Viele Spieler spielen seit Jahren für den Verein, manche sogar schon seit der Gründung. Wir haben uns zwar des Öfteren punktuell verstärkt, der Kern der Mannschaft ist aber gleich geblieben.» Auch sein Wissen habe zum Erfolg beigetragen. «Durch meine Profierfahrung im Ausland konnten ich im Trainerteam Impulse setzen, viele Spieler auf ihr Höchstniveau anheben.»

Ligaerhalt als oberstes Ziel

Aber will der Verein überhaupt so schnell wieder aufsteigen? Trainer Kryeziu hat andere Vorstellungen: «Der Ligaerhalt ist unser oberstes Ziel. Das ist für einen jungen Verein eine grosse Leistung. Jeden weiteren Punkt nehmen wir gerne mit, aber an einen Aufstieg denkt niemand bei uns.»

Oberste Priorität hat hingegen die Nachwuchsförderung. Bisweilen haben die Eagles nur zwei Juniorenmannschaften (2. Mannschaft, 4. Liga und Junioren A, 2. Stärkeklasse). Für weitere Teams fehlt die Infrastruktur. Doch die Jugend liegt dem Vorstand am Herzen, aufgeben will er trotz Anmeldestopp nicht.

Und man kann sich darauf verlassen, dass der familiär geführte Verein, der in kürzester Zeit viele begeisterte Anhänger gefunden hat, auch diese Hürde meistern wird. Der Ehrgeiz und der Siegeswille sind ungebrochen, die Adler bleiben hungrig.

Und setzen vielleicht schon bald wieder zu ihrem nächsten Höhenflug an. Dann, wenn der Fussball Lust dazu hat, eine weitere kuriose, aber schöne Geschichte in sein Repertoire aufzunehmen.

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