Mehr als nur ein Hobby

Wie gross die volkswirtschaftliche Bedeutung des deutschen Profifussballs mittlerweile ist, zeigt eine soeben veröffentlichte Studie von McKinsey. Doch trotz Geldregen steht die Branche vor Herausforderungen.

Wenn der Ball rollt, dann fliesst auch das Geld in Strömen. «Geld schießt Tore» und «Tore bringen Geld», das zeigt die Ende des vergangenen Jahres veröffentlichte McKinsey-Studie. Zum dritten Mal in Folge nach 2010 und 2015 hat das Unternehmen die volkswirtschaftliche Bedeutung des Profifussballs in Deutschland untersucht.

Einmal mehr wird dadurch deutlich, wie stark sich der Fussball zu einer etablierten deutschen Industrie entwickelt. So wurde in der Saison 2018/19 eine Gesamtwertschöpfung von 11 Milliarden Euro erreicht. Zum Vergleich: Im selben Jahr erreichte das produzierende Gewerbe des einwohnerstärksten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen 143,15 Milliarden. Im kleinen Bundesland Bremen waren es derweil 6,92 Milliarden. Ausgenomen ist das Baugewerbe, das in den beiden Bundesländer 30,32 und 1,15 Milliarden ausmachte.

Noch in der Saison 2013/14 betrug die Gesamtwertschöpfung der Bundesliga 7,9 Milliarden. Laut McKinsey geht das erneute Wachstum mit der Schaffung von 17’000 Arbeitsplätzen einher. So beschäftigte der Profifussball zum Zeitpunkt der Analyse rund 127’000 Menschen auf Vollzeitbasis. Gleichzeitig fliessen dem Staat 3,7 Milliarden an Steuern und Abgaben zu. In der letzten Studie wurde dieser Betrag noch auf 2,3 Milliarden beziffert.

TV-Vertrag: Ein Geldregen erwartet die Vereine

Laut McKinsey ist die Wachstumsdynamik vor allem auf den Zuwachs der Medieneinnahmen durch den neuen TV-Vertrag im Jahr 2016 zurückzuführen. So wartete für den laufenden dreijährigen Saisonzyklus ein wahrer Geldregen auf die Vereine. Für die nationalen TV-Rechte wurden rund 4,64 Milliarden ausgeschüttet.

Auch die stärkere Eigenvermarktung und höhere Transfereinnahmen sorgten für den Anstieg. So nahm allein Borussia Dortmund 114 Millionen ein, der HSV als Zweitligist immerhin knapp 19 Millionen. Einen Einfluss auf die Finanzen hat nebenbei auch der Wandel in der Medien- und Sponsoringindustrie. Dafür sorgen unter anderem neue Online-Streaming-Anbieter wie DAZN oder alternative Werbeformen wie Social-Media-Marketing.

Dramatische Lage in der zweiten Liga

Durchgeführt hat McKinsey die Analyse wie schon zuvor in einem fünfjährigen Intervall und auf Basis der Saison 2018/19. Nicht mit eingeflossen sind somit die Folgen der vorherrschenden Pandemie, die zeitweise einen Unterbruch der Spielzeit mit sich zogen. Wie stark Corona die Vereine belastet, zeigte sich bereits im Frühling des vergangenen Jahres. Damals wären laut einer internen Umfrage der DFL 13 der 36 Profivereine durch einen vorzeitigen Saisonabbruch insolvenzgefährdet gewesen. Besonders dramatisch gestaltete sich die Lage in der zweiten Liga. Dass die Wachstumsphase den Zenit überschritten hat, zeigt auch die McKinsey-Studie.

So verminderte sich das nominale Wachstum der Branche von 50 Prozent auf etwa 40 Prozent. Die Verlangsamung und wirtschaftliche Schwankungen rufen ein nachhaltiges Wirtschaften auf den Plan. Dies wird vor allem durch die die Vergabe der deutschsprachigen Medienrechte im vergangenen Sommer deutlich. So werden aber der kommenden Saison nur noch durchschnittlich 1,1 Milliarden Euro pro Saison ausgeschüttet.

Schon 2019 liess Christian Seiffert als Vorsitzender der DFL-Geschäftsführung verlauten, dass der Markt für Medienerlöse an seine Grenzen stosse. Auch in Hinblick auf die Coronakrise sind Vereine laut Studie dazu aufgerufen «auf Kante genähte» Budgets zu verzichten. «Nachhaltige Mittelverwendung sollte in erster Linie bei kaderwertbezogenen Managemententscheidungen angestrebt werden», schreibt McKinsey.

Autokäufe und Restaurantbesuche werden mitgezählt

Bei der Untersuchung hat die in 65 Ländern vertretene Unternehmens- und Strategieberatung finanzielle Effekte der nationalen Vereinswettbewerbe sowie auch die Inlandseffekte einer Teilnahme an europäischen Wettbewerben analysiert. Die Rede ist dabei unter anderem vom direkten Effekt, dem Umsatz, der Wertschöpfung und den Beschäftigungen, die direkt bei den Vereinen und der DFL entstehen.

Der indirekte Effekt betrifft derweil Lizenznehmer, Zulieferer und unabhängige Begünstigte, während der Induzierte Effekt Bereiche ausserhalb des Profifussballs, also zum Beispiel Autokäufe und Restaurantbesuche eines Vereinsmitarbeiters betreffen. Das stärkste Wachstum wurde mit 23 auf 44 Prozent im direkten professionellen Fussball verzeichnet.

So kam die Studie zu Stande

Für die Studie stellte die DFL Datenbestände und Quellenmaterial zur Verfügung. Gleichzeitig stand sie McKinsey als Diskussionspartner zur Seite. Untersucht wurden wie zuvor schon die Faktoren Wertschöpfung, Beschäftigung und Nettoeinnahmen Staat. An der unabhängigen Studie beteiligten sich unter anderem Dr. Klaus Behrenbeck Verwaltungsratsmitglied des 1. FC Kölns und Dr. Tilman Tacke, der zuvor als Berater für nationale Fussballverbände und europäische Fussballvereine tätig war.

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