Kritik an geplanter Limmattalbahn

Text: Larissa Gassmann, Foto: Chris Iseli, Badener Tagblatt, 3. Juli 2020

Dass der Regierungsrat die geplante Weiterführung der Limmattalbahn von Killwangen bis Baden gutheisst, sorgt bei den Gegner der Bahnlinie für Unverständnis. Die Rede ist von falschen Versprechen und fehlenden Diskussionsmöglichkeiten.

Seit Mitte Juni ist klar, wie es nun mit der Limmattalbahn weitergeht. An einer Medienkonferenz stellten die Verantwortlichen die nächsten Schritte vor. Stets war dabei von einem Projekt die Rede, das eine breite Zustimmung geniesst. Die Tramlinie stösst aber nicht nur auf Begeisterung; davon zeugen auch zwei Sammelstellungnahmen, vor allem aus Neuenhof und Wettingen. Dass der Regierungsrat den Grossen Rat damit beauftragt hat, die Weiterführung der Limmattalbahn auf die nächste Planungsstufe zu heben und als Zwischenergebnis im kantonalen Richtplan einzutragen, sorgt für Unverständnis.

 «Dass die direkt betroffene Bevölkerung nicht befragt wird, zeugt von wenig Demokratieverständnis. Wir werden einfach übergangen», sagt Margrit Pfister. In Neuenhof hat sie 600 Unterschriften gesammelt und dem Regierungsrat geschickt. Enttäuscht zeigt sich Pfister vom Gemeinderat, der das Thema nie an einer Gemeindeversammlung aufgegriffen habe.

Die Notwendigkeit der Limmattalbahn mit der S12 und den guten Busverbindungen sei nicht gegeben. Mit der geplanten Verbreiterung der Zürcherstrasse auf 16 Meter – beziehungsweise 24 Meter an den Haltestellen – würde der Bau massiv ins Dorfbild einwirken. «Die Verlängerung der Limmattalbahn kostet 500 Millionen Franken und zusätzliche Millionen für die betroffenen Gemeinden, die vom Steuerzahler bezahlt werden. Wurde unser Brief den Grossräten vorgelegt und gelesen?», fragt Pfister.

Begeisterung ist nicht überall vorhanden

Unterstützung erhält sie von Toni Benz, der an der Unterschriftensammlung beteiligt war. Er bemängelt, dass es von Seiten der Gemeinden und den Planern nie zu einem offenen Forum kam. «Bevor man einen Haufen Geld verbrennt, sollte man das Volk einbeziehen», sagt er. Er kritisiert, dass sich auf politischer Ebene keiner gegen das Projekt gewehrt hat, obwohl die Bevölkerung sich gegen die Weiterführung geäussert hatte. So stimmten die Regionalplanungsverbände Baden Regio und Zurzibiet Region und alle Gemeinden der Weiterführung zu. Die Begeisterung kann Benz nicht teilen.

«Das Projekt führt auf den Strassen zu einem gefährlichen Mischverkehr. Die Limmattalbahn birgt im Prinzip nur Probleme», sagt Benz. Die eingeplante halbe Milliarde für die Weiterführung von Killwangen bis Baden werde nicht reichen, sagt Benz. Wie Pfister wünscht er sich einen Ausbau des Busnetzes. Diesen könne man mit einem Zehntel der Limmatalbahn-Kosten bewerkstelligen, ohne dass dafür die funktionierende Infrastruktur abgeändert wird.

Die Rede ist von falschen Versprechen

Auch in Wettingen ist die Enttäuschung spürbar. Der von der Bahnlinie betroffenen Landwirt Tobias Lüscher fühlt sich nicht erst seit der letzten Woche übergangen. Dereinst soll die Tramstrecke durch sein Erdbeerfeld führen. «Bei mir herrscht Kopfschütteln und Unverständnis. An einem Infoabend haben uns die Verantwortlichen versprochen, dass unsere Anliegen im Frühling vor Ort besprochen werden. Dies wurde uns per Mail bestätigt. Allerdings kam nie einer bei uns vorbei», sagt er.

Obwohl er 100 Unterschriften beisteuern konnte, macht er sich keine Illusionen: «Schlussendlich wollen die Politiker das Projekt durchbringen und lassen sich von ein paar hundert Unterschriften und einem offenen Brief nicht beeindrucken.»

Dass aufgrund der Kritik zwei zusätzliche Varianten für die Linienführung zwischen Tägerhard- und Landstrasse aufgenommen wurden, ist nur ein schwacher Trost. «Ich erwarte, dass man aufgrund der geplanten Erschliessung von Wettingen Ost an der ersten Linie festhalten wird», sagt Lüscher. Sein Land will er nicht kampflos aufgeben. Ein Verkauf kommt für ihn nicht in Frage. Das Stück Land bedeute für ihn Lebensqualität, sei seine Zukunft und die seiner Kinder.

Noch ist nichts in Stein gemeisselt

Dass die Strecke beim jetzigen Planungsstand noch nicht in Stein gemeisselt ist, daran erinnert Giovanni Leardini, Leiter Kommunikation Departement Bau, Verkehr und Umwelt. So hat die Linienführung, die auf Stufe Zwischenergebnis eingetragen werden soll, eine Genauigkeit von plus/minus 300 Metern. Eine allfällige Realisierung wird nicht vor 2032 starten.

Leardini betont, dass die Tramstrecke auf breite Zustimmung stösst. Auch seien die Behörden in die Arbeiten einbezogen worden. Wie üblich habe die Bevölkerung ihr Mitspracherecht an den öffentlichen Anhörungen nutzen können. «Verschiedene Anliegen, die in der Anhörung geäussert wurden, sind in die  vorliegende Botschaft aufgenommen worden», sagt Leardini. Gleichzeitig merkt er an, dass der Bevölkerung auch bei den Konkretisierungen im Richtplan und einem allfälligen Bauprojekt Mitsprache gewährt wird.

Auf den Vorwurf von Lüscher angesprochen, verweist Leardini auf die zwei Varianten, die aufgrund der Rückmeldungen in die Planung aufgenommen wurden: «Die Bedenken im Zusammenhang mit der Linienführung nehmen wir sehr ernst. Sie wurden im Frühling mit der Gemeinde vor Ort besprochen.» Die Auswahl der Variante sei abhängig von der Siedlungsentwicklung. Diese obliegt der Verantwortung der Gemeinde. Von Seiten des Kantons bestehe aber grosses Interesse daran, im Gebiet Tägerhard-Ost einen Wohnschwerpunkt zu setzen, wie dies der Richtplan ausdrücklich vorsieht.

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